Kennst Du diese berühmte Sängerin?
- Sie wuchs bei ihrer Tante auf
- brach die Schule ab als sie 11 war
- arbeitete mit ihrer Mutter gemeinsam mit 14 Jahren in einem Bordell
- fing mit 17 Jahren an als Sängerin Geld zu verdienen
- wurde als weltberühmte Sängerin wegen Drogengebrauchs zu einer Gefängnisstrafe verdonnert
- und starb im Alter von 44 Jahren an Herzversagen
Bis heute inspiriert und formt sie SängerInnen in Phrasierung und Interpretation: Die Rede ist von der Blues- und Jazzsängerin Billie Holiday (*1915-+1957).
Billie Holiday hatte keinen großen Stimmumfang und keine besonders kräftige Stimme. Aber sie benutzte ihren individuellen Stimmklang auf der Basis ihrer persönlichen Leidensgeschichte, um Menschenmassen zu beeinflussen.
Es gibt 5 Fehler, die ich Dir aufzeigen möchte, die wir Sänger tun, und so unsere Musik in die Bedeutungslosigkeit bringen:
Fehler #1: Hasse Deinen Stimmklang
“Ich kann meine Stimme nicht hören. Sie klingt schrecklich. Andere mögen sie, aber ich kann sie nicht leiden.”
Warum magst Du Deine Stimme nicht? Haben Dir das andere gesagt? Was erwartest Du, wie Du Dich anhörst, wenn Du Dir selber zuhörst?
Du bist nicht alleine damit. So geht es den meisten SängerInnen. Und doch ist es wichtig für Deine Entwicklung, Dich Deiner jetzigen Stimme zu stellen und Dich Folgendes zu fragen:
Was magst Du an Deiner Stimme?
Du singst gerne und möchtest weiter an Deiner Stimme arbeiten, also muss es auch etwas geben, dass Dir gefällt.
Pass auf, dass Du nicht an Deinen negativen inneren Stimmen und Vorstellungen hängen bleibst und so Dir die Chance nimmst, die Schönheit Deiner Stimme zu entwickeln.
Du bist Dein Instrument, und so wie Du als Person einzigartig und individuell bist, ist auch Deine Stimme einzigartig, vom Stimmklang wie auch in der Interpretation. Deine Stimmfarbe ist vorgegeben, also gewöhne Dich ab heute an ihn.
Auch wenn Deine Stimmfarbe (also hell oder dunkel) durch die Physiologie Deines Körpers vorgegeben ist, heißt dies aber nicht, dass Du nicht an Ausdruck, Stil, verschiedenen Farben innerhalb Deines Stimmklangs, Intonation, Volumen etc. üben und Dich so weiterentwickeln kannst. Dafür gibt es die Gesangstechnik, die Dir dabei hilft.
Ich werde z.B. am 3./4.10.2014 einen Intensivworkshop hier in Hamburg zu dem Thema “Schluss mit dem Kopieren: Erfahre und Entwickle, wie Du wirklich klingst” anbieten.
Mehr zu meinem kommenden Workshop erfahren.
Fehler #2: Versuche, nur so wie Dein Vorbild zu klingen
Was haben Freddy Mercury, Adele und Tom Petty gemeinsam?
Sie klingen nicht wie ihre Vorbilder.
Jeder, auch die bekannten Sänger, hat Vorbilder, die sie beeinflusst hat. Diese kopiert man und lernt so. Aber die bekannten Sänger blieben nicht dort stehen, sondern haben ihren eigenen Sound herausgefunden.
Bei manchen geht dies schneller, bei anderen dauert es länger, aber wesentlich ist für Dich, dass Du Dir nicht in den Kopf setzt, so singen zu wollen wie z.B. Whitney Houston (weil Du NIE genauso klingen wirst), sondern von ihr zu lernen und dann Dein eigenes Ding aus ihren Songs zu machen. Du als Künstler setzt Dich wie ein Mosaik aus Deinen Vorbildern und Einflüssen zusammen.
Und trotzdem ist es für unsere Entwicklung als Sänger wichtig, gerade wenn Du in Coverbands singst oder Sessionsänger bist, die Orginalkünstler so gut wie möglich zu kopieren, im Stil wie in der Phrasierung. Aber dies sind dann Jobs. Ich fand es total spannend, gerade wieder mal einen Podcast mit der Sängerin Wendy Wagner zu hören, die genau in diesen Jobs arbeitet und aus dem Nähkästchen plaudert.
Fehler #3: Singe nur Lieder, die nicht zu Deiner Stimme passen
Die Auswahl der richtigen Songs ist das A & O. Bei Castingshows wird zu gerne der folgende Spruch angewendet: “Du könntest das Telefonbuch singen”. Doch dies ist nur eine Halbwahrheit. Der richtige Song kann die Schokoladenseite Deiner Stimme hervorstechen lassen, so wie dies auch die richtige Farbe und Form eines Kleides tun kann. Und die Kriterien dafür sind u.a.
- Wie groß ist der Umfang?
- Ist es die richtige Tonlage für mich?
- Ist es rhythmisch komplex?
- Kann ich die Sprache des Songs singen?
- Ist die Stilistik des Songs angemessen für meine Stimmfarbe und meine bisherige Gesangstechnik?
Fehler #4: Singe nur Lieder, die Dir inhaltlich nichts bedeuten
“Es geht doch nur um die Musik. Ist doch vollkommen egal, ob ich das verstehe und dahinter stehe, was im Text vorkommt. Hauptsache es groovt oder berührt.” Was berührt Dich in einem Song? Die Melodie alleine oder auch der Inhalt?
Die Melodie transportiert den Inhalt. Auch wenn in vielen Liedern die Musik im Vordergrund steht, ist der Inhalt genauso wichtig. Deshalb schaue genau hin, ob das, was Du da singst, auch etwas in Dir zum Klingen bringt oder es der Botschaft entspricht, mit der Du verbunden sein willst.
Je nach Musikstil ist der Schwerpunkt anders, z.B. singen Countrysänger häufig von der Liebe und dem Leiden, während Liedermacher auch politischen Inhalt transportieren. Egal, welchen Stil Du singst, sei Dir bewußt, dass Deine Zuhörer nur dann emotional angesprochen werden, wenn es in Dir vorher an Bedeutung gewonnen hat.
Fehler #5: Hör auf gar keinen Fall auf Feedback
Ich höre gerne Komplimente. Und am Liebsten hätte ich es, wenn ALLE meine Musik und mein Singen mögen würden. Denn Kritik zu bekommen ist unangenehm, und nicht immer einfach, damit umzugehen. Aber nur dadurch werden wir zu reifen SängerInnen. Wir lernen durch die konstruktive Kritik anderer.
Gerade wenn sie konkrete Punkte umfasst, wäre es fatal, sie einfach zu ignorieren. Z.B. “Deine Töne singst Du nicht immer sauber. Gerade bei dem Vokal “a” ist Deine Intonation unrein”. Wenn es allerdings um Präferenzen geht oder solche generellen Statements einbindet wie “das hat mich nicht berührt” oder “Das gefällt mir nicht”, kannst Du gerne weghören oder nachfragen, was genau nicht berührt hat.
Wenn Du nach Feedback fragst, dann schreib Dir vorher konkrete Fragen auf. Anstatt zu fragen “Wie findest Du meine Stimme.” Oder: “Wie kann ich besser singen?”, stelle Fragen wie: “Woran kann ich als nächstes arbeiten.” “Wo meinst Du liegen z.Zt. meine Schwächen und Stärken?” Und dafür muss Dich derjenige singen gehört haben…
Nicht jeder Mensch wird mögen, was und wie Du singst. Und Du musst entscheiden, welche Kritik berechtigt und umgesetzt werden sollte und welche einfach mit einem Lächeln charmant überhört werden darf. Dazu brauchst Du Rückrat und eine Vorstellungskraft von dem, wie Du klingst und klingen möchtest.
Such Dir Menschen, andere Sänger, Vocalcoaches, Künstler, die weiter sind als Du, die gerne andere von ihrem Erfahrungsschatz weitergeben, und bombardiere sie mit konkreten Fragen, damit Du von ihnen lernst.
Höre Podcasts, lese Blogs und Bücher und beschäftige Dich mit Musikern ausserhalb der Charts. So wie Billie Holiday überzeugend ihre Lieder von Einsamkeit und Sehnsucht singen konnte, in ihrer ganz individuellen erzählenden Weise, die Generationen von Musikern beeinflusst hat, kann ich nicht imitieren.
Ich kann von ihr lernen, indem ich versuche, den Song im Überaum so zu singen, wie sie ihn gesungen hat.
Dann löse ich mich aber von ihrer Interpretation, vielleicht von der Art und Weise, wie das Lied gespielt wird, und suche meinen eigenen Weg mit meinem eigenen Stimmklang und meiner eigenen Geschichte. Dies passiert nicht über Nacht. Aber es ist wert, daran zu arbeiten.