Wenn wir singen oder sprechen, entstehen Klänge, Sounds. Doch wie entstehen sie eigentlich?

Sprecherzieherisches Elementarbuch von Heinz Fiukowski

(Achtung, jetzt wird es ein wenig technisch, da dies von mir aus dem Buch “Sprecherzieherisches Elementarbuch von Heinz Fiukowski” (Partnerlink) zusammengefasst wurde.

Wir reden immer fälschlicherweise von den Stimmbändern, die im Hals sitzen, es sind aber die inneren Seiten der Stimmbänder, die Stimmlippen, die für die Tonerzeugung notwendig sind.

Tonerzeugung

Die menschliche Stimme wird durch Hilfe der Stimmlippen (Schleimhautfalten auf der Höhe des “Adamsapfels”) erzeugt. Sie geraten durch ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Druck von bestimmten Atemvolumen, elastischer Stimmlippenspannung und Sogwirkung der Luftströmung in einen Schwingungsvorgang.

Diese periodischen Luftverdichtungen- und verdünnungen     nimmt das Ohr als Schwingungen wahr. Die Ausatmungsluft ist also das tönende Medium und die treibende Kraft für die Stimmlippenschwingungen. Dieser reine Stimmton, der nicht zu hören ist, ist nur der Ausgangspunkt für die Stimmgebung.

Das Ansatzrohr (siehe unten) verstärkt und modifiziert (verändert) resonatorisch diesen Primärklang. Durch ein ein abgestuftes Zusammenwirken der peripheren Sprechorgane wird der Stimmton im Ansatzrohr verändert d.h. es entstehen die Sprech- & Singlaute.

Stellknorpel im Kehlkopf bewegen sich seitlich und öffnen so die Stimmlippen beim Atmen oder schliessen sie beim Singen und Sprechen. Wenn sie nach oben oder unten gekippt werden, verändern sie die Länge der Stimmlippen, was die Tonhöhen erzeugt.

Kurz gefasst: Im Kehlkopf werden die physiologischen Grundlagen für die Töne hergestellt, während alles oberhalb dessen für den hörbaren Klang zuständig ist.

Übung # 1: Stimmlippen berühren

Versuch Deine Stimmlippen ohne jegliche Hilfe vom Mundraum aneinander zu bringen. Es ergibt dann einen leisen Knacklaut. Spüren kannst Du diese Muskelbewegung, indem Du mit Daumen und Zeigefinger Deinen Kehlkopf berührst.

So siehst Du, dass Du ohne Deinen Resonanzkörper (restlichen Körper) und ganz spezifisch Deinem Ansatzrohr keine hörbaren Klänge produzieren kannst. Wahnsinn, oder?

Welchen Stimm- Sound hast Du jetzt und möchtest Du später bekommen?

Um ganz drastisch zu sein: Eine Sängerin, die jetzt wie Britney Spears klingt, wird auch nicht später durch viele Übungen wie eine (junge) Whitney Houston klingen. Es gibt einfach Grund-voraussetzungen, wie die Größe des Mundes und Mundraumes, Länge der Stimmlippen, Körperbau, die zum eigenen Sound führen. Dennoch kann viel an den Klangfarben der Stimme gearbeitet werden.

Bevor ich aber auf die physiologische Beschaffenheit Deiner Stimme näher eingehe, solltest Du Dir ein paar Fragen stellen, damit Du eine Vorstellung machen kannst, welchen Klang Du überhaupt hast und welchen Du haben möchtest.

  • Was sind Deine musikalischen Vorbilder?
  • Welche SängerInnen findest Du richtig gut und warum?
  • Welche Musik höre ich privat am meisten?
  • Welchen Musikstil machst Du am Meisten gerade?
  • Was sind Deine musikalischen Wurzeln?
  • Wenn Du ein bestimmter Sänger werden könntest, wer wäre es?

Es muss nicht nur ein Musikstil sein, sondern es sind meistens viele verschiedene, je nach Stimmungslage. Trotzdem gibt es bestimmte Grundtendenzen. Und um die geht es hier.

Diese allgemeinen Fragen können Dir Indizien geben, wohin Du unbewusst tendierst, wenn Du zu jemanden sagst, Du hättest gerne eine “schöne” oder “gute” Stimme. Denn außer in der Klassik, wo es einen ganz spezifischen Idealklang gibt, ist dieser Ausdruck doch zu generell um irgendeine Aussagekraft zu haben.

Nur wenn Du lernst, Deine eigene Stimme in all ihren Eigenheiten kennen zu lernen und zu akzeptieren, kannst Du zu dem Sänger werden, der emotional andere erreicht.

Eigene klangliche Ziele konkret benennen lernen

Ausserdem solltest Du Dir für Deine weitere Stimmausbildung, sei es im Eigenstudium oder mit Lehrer, so spezifisch wie möglich Deine musikalischen Ziele oder bisherigen Frustrationen benennen können, damit auch konkret darauf eingegangen werden kann. Wen Du wie Dein musikalisches Vorbild klingen möchtest, ist es so, als würdest Du mit herausgeschnittenen Magazinfoto zum Friseur gehen und sagen: “Genauso möchte ich auch aussehen” ohne zu beachten, dass DeinGesicht und Deine Haarstruktur dem überhaupt nicht ähneln.

Hilfreiche Fragen sind z.B. folgende:

  • Welche Grenzen erfahre ich im singen häufig? Nichterreichung von hohen oder tiefen Töne, Luftknappheit, zitterndes Vibrato, zu wenig Dynamik,  dünne Stimme, Heiserkeit etc.
  • Wo möchte ich in 3 Monaten sängerisch sein? Ohne Probleme zu Hause singen können, in einem Chor singen, als Solist in einer Band singen, eine Aufnahmeprüfung bestehen etc?
  • Was möchte ich lernen, um dieses erste Ziel zu erreichen? Z.B. Kopfstimme kräftigen, Improvisation lernen, frei ad libbs singen können, kraftvoll ohne Druck singen lernen, lange ohne Heiserkeit singen können.

Jeder Mensch hat einen ganz individuellen Sound, der zwar imitiert aber nicht zu 100% kopiert werden kann. Also, gewöhne Dich an und akzeptiere Deinen Stimmklang!

Wenn Du nicht weißt, wie Du klingst, dann nimm Dich beim nächsten Singen auf. Hier https://www.stagebound.de/3werkzeuge habe ich ein tolles Aufnahmegerät vorgestellt.

Das Ansatzrohr

Kehlkopf AnsatzrohrUnter dem technisch klingenden Begriff “Ansatzrohr” wird der gesamte Hohlraumkomplex oberhalb der Stimmlippen gezählt, welche als Resonator, also Soundbestimmer, wirken. Dieses Raumsystem kann man sich als ineinandergehende Räume vorstellen (wie in alten Schlössern) und besteht aus dem mittleren und oberen Kehlraum, Rachen, Mundhöhle und Nasenhöhle. Ohne es zu kompliziert machen zu wollen, müssen wir als Sänger die einzelnen Komponenten wie Zunge, Lippen, Gaumensegel, Nase etc. isolieren können und mit gezielten Übungen stärken, um danach sie aktiv und bewußt einsetzen lernen zu können.

Übungen zum Heben des Gaumensegels

Eine große Mundhöhle + gleichzeitiger effektiver Stütze = großer Sound
Dies bedeutet nicht, den Mund immer aufreissen zu müssen, sondern innen drin die Resonanzräume so gut wie möglich zu vergrößern und zu verbinden. Dazu gehört es. schnell die Zunge senken und das Zäpfchen hinten im Rachen heben zu lernen.

  1. Gähn- Übung: Versuch auf Anhieb zu Gähnen. Dabei die den Kehlkopf und die Zunge tief zu stellen und das Zäpfchen im weichen Gaumen hoch zu bekommen. Versuche dies erst mit offenen und dann mit geschlossenen Mund. In Chören wird dies häufig mit dem Bild der heißen- Kartoffel- im- Mund vorgestellt, die keine Seite berühren darf..
  2. Hechel- Übung: Stell Dich vor einen Spiegel, mach den Mund weit auf und hechle rhythmisch gleichmäßig wie ein Hund. Zunge und Zäpfchen sollen sich wie bei der Gähn- Übung verhalten.

Übungen für die Lippen

  1. Lippenflattern: Wie ein Pferd schnauben. Spucken ist dabei erlaubt
  2. Lippenflattern mit Sound: Pruste nun auf einen beliebigen Ton.

Übungen für die Zunge

  • Pleuel- Übung: Dies ist eine Basis- Übung, die bei jedem Logopäden geübt wird. Es geht darum, die Beweglichkeit der Zunge zu trainieren. Unterkiefer entspannt hängen lassen. Die Zungenspitze fest an die unteren Vorderzähne drücken und den breit gehaltenen Zungenkörper wich vor- und zurückfedern im Mundraum. Dabei nie den Kontakt zu den Vorderzähnen verlieren. Dabei wird der Kehlkopf passiv mitbewegt.
  • Zungen- Akrobatik: Mund öffnen, Kiefer entspannt hängen lassen. Mit der Zunge gerade rausstrecken, zur rechten und linken Seite strecken, nach unten strecken.

Hausaufgaben

Trainiere diese Übungen mehrere Male am Tag, am Besten vor einem Spiegel, damit Du ein Bewusstsein entwickelst. Versuch Dir dieses Gefühl der Weite zu bemerken und tief einzuprägen, damit Du dies beim Singen automatisch abrufen kannst.

Über Anregungen und Fragen von Dir freue ich mich immer. Schreib doch einfach einen Kommentar.

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